Heute möchte ich Katrin und Daniel vorstellen, sie sind passionierte Läufer, leben vegan und betreiben zusammen den bevegt-Blog, der Informationen für vegetarisch und vegan lebende Ausdauersportler bietet, sowie Infos zu pflanzlicher Sporternährung und Hintergrundwissen zu Nährstoffen.
Ihr seid Experten für veganes Leben und Laufsport, bitte beschreibt wie Ihr zum Laufen gekommen seid?
Katrin: 1987 habe ich bei meinem ersten Marathon zugeschaut. Damals sind fast nur Männer Marathon gelaufen, und viele davon unter 3 Stunden. Das hat mich damals schon geprägt und ich war von dem Marathonereignis fasziniert. Meine ersten “Laufschritte” habe ich mit 13 gemacht. Damals noch ohne Plan und Ziel, und höchstens 3,5 Kilometer am Stück. Dafür habe ich damals ca. 30 Minuten gebraucht.
Im Studium hatte ich einige Bekannte, die Marathon liefen. Die Distanz von 42 Kilometern hielt ich damals noch für unvorstellbar – ich lief höchstens 10 Kilometer. Nachdem ich bei einigen weiteren Marathonveranstaltungen zugeschaut hatte hat mich doch der Ehrgeiz gepackt und ich meldete mich 2005 für meinen ersten Halbmarathon an (und lief ihn auch!). Einen ganzen Marathon hat mir niemand so richtig zugetraut, doch das hat mich umso mehr motiviert. Ein Jahr später, 2006, lief ich in Köln meinen ersten Marathon.
So richtig vom Lauffieber gepackt bin ich, seit ich Daniel kenne. Seitdem bin ich viele, viele weitere Halbmarathons und Marathons sowie meine ersten Ultramarathons gelaufen.
Daniel: Ich habe als Kind und Jugendlicher so ziemlich alles durchgemacht: Turnverein, Fußballverein, Judo … dann bin ich irgendwann beim Rudern hängengeblieben und habe das zwei, drei Jahre lang ziemlich intensiv betrieben. Wir haben damals etwa fünf Mal pro Woche trainiert, und es war vor allem die Gemeinschaft, die mich abends in den Ruderverein getrieben hat, während meine Schulfreunde sich zum Feiern in der Stadt getroffen haben.
Als das dann so langsam auseinandergebrochen ist brauchte ich einen neuen Sport, denn so von 100 auf 0, das ging einfach nicht. Also habe ich mit dem Laufen angefangen, weil ich dazu außer einem Paar Laufschuhe nichts weiter brauchte. Wir hatten damals in der Schule ein Projekt “von 0 auf 21” zur Vorbereitung auf den Mainzer Halbmarathon. Gemeinsam mit einem Freund habe ich mich dann aus einer Laune heraus für den ganzen Marathon angemeldet, und wir sind tatsächlich ins Ziel gekommen! Meine Einführung in den Laufsport war also gleich mal ein Marathon. Das war vor 13 Jahren, und seitdem bin ich ein leidenschaftlicher Läufer.
Wo können sich interessierte Menschen am besten über vegane Ernährung und den Ausdauersport Laufen informieren?
Seit November 2011 schreiben wir auf unserem Blog “beVegt – vegan leben und laufen” über unsere beiden Leidenschaften – die vegane Ernährung und den Laufsport. beVegt ist der größte deutschsprachige Blog, der sich mit den Themen Veganismus und Laufen beschäftigt. Mittlerweile schauen knapp 100.000 Leser pro Monat auf beVegt vorbei. Interessierte finden in unseren Posts Informationen rund um die Themenbereiche Laufen, Ernährung, Rezepte und Motivation.
Außerdem sind wir große Fans von Matt Fraziers Blog “No Meat Athlete”, der uns dazu motiviert hat, mit unserem Blog zu starten. Wer mit Englisch keine Schwierigkeiten hat findet auch bei Matt jede Menge Infos zu diesen Themen.
Welche Ziele verfolgt Ihr mit Eurem veganen Blog?
Wir wollen auf beVegt zeigen, dass vegane Ernährung und Sport sich nicht ausschließen, sondern ganz im Gegenteil prima zusammenpassen! Leser finden bei uns Tipps, Anleitung und Motivation für das Lauftraining Informationen rund um die vegane Ernährung und viele Rezepte speziell für Ausdauersportler.
Wir versuchen dabei, auf den moralischen Zeigefinger zu verzichten, und stattdessen einfach vorzuleben, dass man als Veganer durchaus fit, glücklich und mit Genuss durchs Leben gehen kann. Damit erreichen wir auch Leute, die sich vielleicht durch andere Formen des Aktivismus nicht so sehr angesprochen fühlen.
Wer mehr wissen will kann unseren kostenlosen Newsletter abonnieren – dazu gibt’s dann sogar noch ein gratis E-Book für den Einstieg in die pflanzliche (Sport-)Ernährung!
Wie seid Ihr zur veganen Ernährung gekommen und wie lange ernährt Ihr Euch schon vegan?
Daniel: Ich habe im Sommer 2010 damit begonnen, mich näher mit dem Thema Ernährung zu beschäftigen. Ich weiß nicht mehr genau, was den Anstoß gegeben hat, aber es könnte ein Kapitel aus “Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?” von Richard David Precht gewesen sein, in dem es um die Frage ging, ob es moralisch vertretbar ist, Tiere zu essen.
Dann bin ich ganz zufällig auf den Blog “No Meat Athlete” von Matt Frazier gestoßen, der damals selbst noch Vegetarier war (heute lebt er vegan) und von seinen Erfahrungen als Läufer berichtete, der nach und nach die pflanzliche Ernährung entdeckt. Für mich hat das den Ausschlag gegeben, es auch einmal ohne Fleisch zu versuchen, und ich habe beschlossen, erstmal einen Monat lang vegetarisch zu essen.
In diesem Monat bin ich dann aber erst so richtig in die Materie eingestiegen und habe zum ersten Mal von all den Dingen erfahren, die mit unserer Ernährung zusammenhängen: Wie viele Ressourcen die Erzeugung von tierischen Lebensmitteln verschlingt, wie grausam wir mit den sogenannten “Nutztieren” umgehen und dass wir auch unserer Gesundheit keinen Gefallen damit tun, wenn wir uns zum größten Teil von Fleisch, Milchprodukten, Eiern usw. ernähren.
Es ging dann alles ziemlich schnell und der vegetarische Selbstversuch hat mit der Entscheidung geendet, dass ich ab sofort vegan leben werde.
Katrin: Als Daniel im August 2010 anfing und einen Monat lang kein Fleisch essen wollte fand ich das ein wenig übertrieben. Zu der Zeit gab’s bei uns ca. 1x pro Woche Fleisch und 2x pro Monat Fisch – für mich war der Unterschied nicht ersichtlich. Milch und Milchprodukte waren hingegen ein essenzieller Bestandteil unserer Ernährung.
Neugierig war ich aber doch, habe erst “Eating Animals” und dann die “China Study” gelesen. Nach den ersten Seiten von Eating Animals stand für mich fest, dass ich kein Fleisch mehr essen konnte, und wenige Seiten später verging mir der Appetit auf Milch und Eier. Ich war erschrocken, wovor ich als Ernährungswissenschaftlerin jahrelang die Augen verschlossen hatte.
Welche veganen Autoren habt Ihr gelesen und empfiehlt Ihr?
Was den Ernährungsaspekt angeht empfehlen wir “Eating Animals” von Jonathan Safran Foer, “Vegan for Life” von Jack Norris und Virginia Messina, “The Food Revolution” von John Robbins und “The China Study” von T. Colin Campbell.
Motivierende Bücher von veganen Sportlern sind “Finding Ultra” von Rich Roll, “Eat and Run” von Scott Jurek und natürlich das Buch “No Meat Athlete” von Matt Frazier.
Absolut empfehlenswert, auch wenn er kein Veganer ist, ist Michael Pollan. Von ihm haben wir “In Defense of Food”, “Food Rules” und “The Omnivore’s Dilemma” gelesen und können alle drei Bücher uneingeschränkt empfehlen. Ganz allgemein gesprochen schreibt er darüber, was heutzutage mit unserer Ernährung so alles schief läuft. Das ist spannend zu lesen und sehr erhellend!
Lebt Ihr vegan oder ernährt Ihr Euch nur vegan? Das „nur“ soll natürlich kein Vorwurf sein 🙂
Wir leben vegan, so gut es eben geht. Uns ist bewusst, dass dem veganen Leben immer Grenzen gesetzt sind, und dass jeder selbst entscheiden muss, wie weit er zu gehen bereit ist. Zum Beispiel würden wir vermutlich, wenn wir schwer erkrankt wären, Medikamente nehmen, die an Tieren getestet wurden.
Die Ernährung war im Sommer 2010 der erste (und für uns wichtigste) Schritt, und danach haben wir uns über weitere Aspekte unseres Lebens wie Kosmetik und Kleidung Gedanken gemacht und unser Konsumverhalten überdacht und geändert.
Uns ist es wichtig, das Ganze als einen Prozess zu verstehen, sich immer wieder zu hinterfragen und zu schauen, was könnte ich noch anders/besser machen? Niemand kann ein “perfektes” Leben leben. Und viele können auch nicht von heute auf morgen ihr komplettes Leben umwerfen und neu gestalten – auch wir haben das nicht gemacht. Aber es geht darum, dass man sich auf den Weg macht und bereit ist, das eigene Verhalten immer wieder zu überdenken und dann auch zu ändern.
Bewegung und Ernährung sind wichtige Grundsäulen perfekter Gesundheit, was hat mehr Einfluss, die Bewegung oder die Ernährung?
Bewegung und Ernährung als Grundsäulen einer perfekten Gesundheit können nicht voneinander getrennt betrachtet werden. Beide Aspekte beeinflussen sich gegenseitig. Ein Sportler, der viel und sinnvoll nach einem strikten Trainingsplan trainiert und sich ausschließlich von Fast Food ernährt wird keine optimale Leistung bringen können. Und auch eine Person, die sich gesund und ausgewogen, mit viel Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten und Vollkorngetreide ernährt, aber sich kaum bewegt, wird keine perfekte Gesundheit erleben.
Eine ausgewogene Ernährung, gepaart mit regelmäßiger körperlicher Betätigung, am besten Ausdauer- und Kraftkomponenten, das ist der beste Weg zu einem guten Körpergefühl – und darauf wollen wir nicht verzichten 🙂
Wie sieht Eure Ernährung genau aus? Beschreibt bitte einen typischen Tag. Welche Hilfsmittel oder Geräte nutzt Ihr zur Zubereitung der Gerichte?
Unser Frühstück ist oft über Wochen oder gar Monate immer das Gleiche. Aktuell essen wir unter der Woche unser Bananenmus oder einen großen Obstsalat. Am Wochenende nehmen wir uns für die Frühstückszubereitung gerne mehr Zeit und es gibt zum Beispiel Rührtofu mit selbstgebackenem Vollkornbrot.
Mittags essen wir entweder einen großen Salat oder die Reste vom Vorabend, denn abends kochen wir meist eine große Portion. Wir lieben einfache und schnelle Gerichte, ohne viel Schnick-Schnack oder exotische Zutaten. Vollkornreis, Pasta oder ein Pseudogetreide zusammen mit viel Gemüse und Hülsenfrüchten, auch bekannt als “A grain, a green and a bean”, so sehen viele Mahlzeiten bei uns aus. Wir kochen gerne asiatisch oder indisch, und am liebsten als “One Pot Meal” – da ist die Küche hinterher schneller wieder sauber.
Zwischendrin snacken wir viel Obst, Nüsse und unsere geliebten Smoothies. Und ab und zu gibt’s auch mal Schokolade. Als Sportler können wir uns das ja locker leisten 🙂
Wie wichtig ist Euch der Rohkostanteil in der Ernährung?
Wir essen sehr gerne Rohkost, und wissen, dass Rohkost mehr als nur grüne Salatblätter und Obst bedeuten kann. In den vergangenen beiden Jahren haben wir im Sommer jeweils einen Rohkostmonat eingelegt, bei dem wir so viel wie möglich rohvegan gegessen haben. Dabei haben wir uns richtig gut gefühlt, und auch beim Lauftraining konnten wir uns nicht über einen Energiemangel beklagen. Im Juli oder August ist es in Deutschland natürlich einfacher, sich abwechslungsreich roh zu ernähren als im Winter, wenn die Obstauswahl etwas dürftiger ist.
Einen rohveganen Monat wird es auch im nächsten Sommer bestimmt wieder geben. Eine reine Rohkost-Ernährung wäre für uns nichts, dafür gibt es zu viele gekochte Gerichte, die wir sehr gerne essen.
Habt Ihr Tipps für vegane Ernährung wenn man auf Reisen bzw. unterwegs ist?
Aber klar, das haben wir in den letzten vier Jahren ausgiebig getestet. Happy Cow ist vor einem Urlaub bei uns immer die erste Anlaufstelle und wir drucken uns dort oft vorher lange Listen mit möglichen Restaurants und Geschäften aus. Ansonsten sind wir unterwegs immer gut vorbereitet, haben genügend Snacks wie Trockenfrüchte, Nüsse, Riegel und Obst dabei. Gerade in ländlichen Gebieten kann man nicht darauf bauen, in einem Restaurant ein veganes Gericht zu bekommen oder gar verstanden zu werden.
Im Ausland finden wir es spannend, die heimischen Supermärkte und Straßenmärkte zu durchstöbern. Oft gehen wir auch gar nicht essen, sondern versorgen uns selbst. Das geht auch ohne Kochplatte und Mikrowelle. Ein Taschenmesser und ein Spork (eine Löffel-Gabel-Kombi) sind dabei unsere stetigen Begleiter.
Habt Ihr Tipps für Menschen, die sich in Zukunft vegan ernähren möchten?
Wir können jeden nur ermutigen, diesen Schritt zu gehen. Im Nachheinein betrachtet war die Entscheidung für die vegane Lebensweise eine der besten Entscheidungen unseres Lebens. Jeder, der sich für diesen Schritt entscheidet, sollte diese Entwicklung im eigenen Tempo gehen, ohne sich von anderen Veganern stressen zu lassen, nur weil man doch noch einmal zu einem Stück Käse gegriffen hat oder auf einer Geburtstagsfeier nicht genau gefragt hat, was in der Soße enthalten ist oder ob der Wein vegan ist.
Den Kontakt zu Gleichgesinnten empfinden wir als enorm wichtig. Wir hatten das große Glück, die Entwicklung zu zweit zu machen. Gerade in “gemischten” Haushalten stellen wir uns das nicht immer einfach vor. Da helfen vegane Freunde oder Bekannte. In sozialen Netzwerken gibt es unzählige Gruppen mit noch mehr aufgeschlossenen Usern, die über die ersten Hürden hinweg helfen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, mit dem Kochen anzufangen. Ausgewogen vegan kann man sich am besten ernähren, wenn man seine Nahrung selbst zubereitet, und möglichst wenig zu Fertiglebensmitteln und Fast Food greift oder auswärts isst.
Welche Veränderungen habt Ihr durch die vegane Ernährung festgestellt?
Seit wir uns vegan ernähren kochen wir mehr und vielfältiger als früher, und wir essen ausgewogener und so gut wie keine Weißmehl- oder Fertigprodukte mehr. Außerdem machen wir uns mehr Gedanken, inwieweit die Ernährung und der Sport zusammenhängen, was wir z.B. vor und nach dem Training gut vertragen. Somit hat sich unsere Ernährung per se verändert, und das liegt nur daran, dass wir uns vegan ernähren.
Wir können bestätigen, dass wir unsere Regenerationszeit nach harten Trainingseinheiten wie Tempotrainings oder langen Läufen als kürzer empfinden. Ob wir das ausschließlich der veganen Ernährung zuschreiben können? Wahrscheinlich nicht!
Und seit unserer Ernährungsumstellung kennen wir das typische Mittagsloch nicht mehr. Ausnahmen gibt es aber natürlich immer!
Wer sind Eure Vorbilder?
Ganz ehrlich? Wir sind immer wieder von den Menschen beeindruckt, die uns Nachrichten schreiben und uns davon berichten, wie sie ihr Leben umgekrempelt haben. Viele sind von totalen Couch-Potatos zu Marathonläufern geworden oder haben ihre Ernährung von Grund auf verändert und endlich ihr Gewicht in den Griff bekommen. Wir haben durch unser Postfach sozusagen einen täglichen Strom an neuen Vorbildern 🙂
Wenn es um die bekannteren Namen geht, da gibt es natürlich auch einige: Der vegane Ultramarathonläufer Scott Jurek zum Beispiel, oder auch Rich Roll, der seine Alkoholsucht überwunden hat und mit Mitte Vierzig noch eine Wandlung zum Supersportler geschafft hat. Er hat fünf Ironman-Wettkämpfe in nur einer Woche gefinished! Und natürlich Matt Frazier von No Meat Athlete, der uns mit seinem Blog die Idee für beVegt geliefert hat.
Was ist Euch außerhalb des Sports und der Ernährung wichtig?
Uns ist es wichtig, ein glückliches, zufriedenes und gesundes Leben zu führen, viel in der Natur zu sein, Dinge zu erschaffen statt immer nur zu konsumieren und neben Arbeit und Sport zwischendrin immer kleine Entspannungsauszeiten zu finden, die uns wieder neue Energie geben.
Vielen Dank, dass Ihr Euch die Zeit genommen habt und weiterhin viel Erfolg bei allen Euren Projekten!
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Hallo ihr! Was meint ihr, ist es nur Utopia, dass wir eines Tages eine vegane Zivilisation werden, oder werden wir ewig die „paar Spinner“ sein? Aktuell kann leider nicht die Rede davon sein, dass es der Mehrheit auch nur im Geringsten etwas bedeutet, was mit den Tieren geschieht. Man killt schließlich auch die eigene Spezies, wo sie gerade im Wege ist. Teils kennt man das Konzept gar nicht, auf tierische Produkte zu verzichten. Bin ich nur extrem pessimistisch oder werden wir wirklich nie tatsächlich „vernunftbegabt“ sein?! Trotz aller Revolutionen und Aufklärung dank www sind wir immer noch eine winzige Minderheit. 🙁